Es gibt sie: diese Kindheitserinnerungen, die intensiv im Gedächtnis bleiben. Noch heute kann ich ganz genau beschreiben, wie damals die kleine Dorfbäckerei ausgesehen hat. Und noch heute weiß ich ganz genau, an welcher Stelle der Vitrine das Heidesand-Gebäck lag. Schon beim Reinkommen in die Bäckerei ging mein Blick als erstes an diese Stelle, um zu schauen, ob ich die Chance auf eine Ausbeute hatte. Auch heute schaue ich mir die Auslage jeder Bäckerei immer an; Heidesand ist dort aber nie zu finden. Somit habe ich beschlossen, mir meine Kindheitserinnerung auf anderem Weg wieder hervorzurufen. Du wirst sehen: Heidesand kannst du sehr einfach selbst backen und im Folgenden verrate ich dir gerne mein Rezept. Zwar fühle ich mich beim Heidesand-Essen nicht 30 Jahre jünger, aber dafür schmeckt es so richtig lecker 😀
Heidesand (von einigen auch Sandtaler oder Heidesandtaler genannt) ist übrigens ein norddeutsches Gebäck – das könnte gut erklären, warum die Bäckereien in Nordrhein-Westfalen keinen Heidesand haben. Der Begriff Heidesand kommt von der doch recht mürben Konsistenz. Und so denken viele als erstes an Sand aus der Heide, den man ja wahrlich nicht essen mag. Sicherlich kommt man nicht darauf, dass hinter der eigenartigen Bezeichnung so ein leckeres Mürbeteig-Gebäck steckt. In meiner Kindheit gab es Heidesand immer ganzjährig in der Bäckerei. Ursprünglich ist es aber ein traditionelles Weihnachtsgebäck. Praktischerweise brauchst du zum Backen von Heidesand nur sehr wenige Zutaten, von denen du sicherlich die meisten bereits daheim vorrätig hast. Wesentlich ist die Zuckerkruste, die sicherlich einen wesentlichen Anteil an der Namensgebung hatte.
Am Ende des Rezeptes findest du unter Tipps einen Schwung an Variationen, die ich im Laufe der Jahre ausprobiert habe und die ebenfalls sehr gut schmecken. Wahrscheinlich hat das dann nicht mehr ganz so viel mit dem ursprünglichen Gebäck zu tun, ist aber so gut, das es sich trotzdem lohnt die Variationen mal zu testen. So, nun genug geplaudert. Jetzt geht es endlich zum Rezept. Du wirst beim Lesen gleich sehen: die Zubereitung ist sehr einfach. Du musst nur eine Stunde Zeit einplanen, in denen der Teig im Kühlschrank schnittfest wird.
Zutaten (für etwa 60-70 Stück)
- 175 g weiche Butter
- 1 Ei
- 125 g Puderzucker
- 2 Päckchen Vanillezucker
- 75 g geschälte gemahlene Mandeln
- 275 g Mehl (z.B. Weizenmehl Type 550)
- etwa 100 g Zucker
Und so geht’s:
- Einige Zeit vor dem Backen die Butter aus dem Kühlschrank nehmen, damit sie weich wird (siehe unter Tipps). Die Butter dann mit den Schneebesen des Handrührgeräts schaumig schlagen. Das Ei, Puderzucker und Vanillezucker hinzugeben und kurz unterrühren. Mandeln und Mehl nach und nach reinschütten und alle Zutaten gut miteinander verrühren.
- Arbeitsfläche und Hände leicht bemehlen und den Teig auf der Arbeitsfläche zu 4-5 Rollen mit einem Durchmesser von etwa 2,5 – 3 cm rollen.
- Zucker auf einem Teller streuen und jede Rolle langsam in dem Zucker wälzen, so dass eine dicke Zuckerschicht entsteht. Die Rollen auf einen Teller legen und für etwa 1 Stunde in den Kühlschrank stellen. (Dadurch werden sie fester und sind dann sehr viel leichter zu schneiden.)
- In der Zwischenzeit den Backofen vorheizen (E-Herd: 180 °C/Umluft: 160 °C). Die Teigrollen aus dem Kühlschrank nehmen und mit einem scharfen Messer vorsichtig 1/2 cm dicke Scheiben abschneiden. Ein Backblech mit Backpapier auslegen und die Scheiben mit etwas Abstand auf dem Blech verteilen (ansonsten backen sie zusammen). Im Ofen für 12 – 14 Minuten backen. Den Heidesand aus dem Ofen nehmen und auf einem Kuchengitter abkühlen lassen.
Tipps:
- Bei vielen Heidesand-Rezepten wird die Butter als erstes in einem Topf geschmolzen und leicht angebräunt. Danach die Butter für mindestens 30 Minuten abkühlen lassen, die weiteren Zutaten hinzugeben und wie oben beschrieben weiter fortfahren.
- Wenn du die Teigrollen im Zucker wälzt, achte darauf, dass du den Zucker leicht andrückst, damit dieser nicht wieder beim Backen abfällt.
- Am besten bewahrst du Heidsand-Gebäck in einer Keksdose auf.
- Trocken und luftdicht gelagert ist Heidesand etwa 4 – 6 Wochen haltbar. Ehrlich gesagt ist das aber nur eine theoretische Haltbarkeit, denn bei mir ist das Gebäck ruckzuck aufgegessen und überlebt nie und nimmer vier Wochen.
- Eine schöne Variation bekommst du mit Bio-Limetten hin. Dazu das Heidesand-Gebäck bis einschließlich Schritt zwei vorbereiten. Die Bio-Limetten waschen, abtrocknen und die Schale fein abreiben. Schale der Limetten mit dem Zucker vermischen und den Teig im Limettenzucker wälzen und, wie oben beschrieben, in den Kühlschrank stellen und dann backen. Das funktoniert natürlich genauso gut mit Bio-Orangen und Bio-Zitronen.
- Wie schaut es mit Zimt aus? Als große Zimt-Liebhaberin habe ich Heidesand natürlich auch schon mit Zimt getestet. Bevor du den Teig im Zucker wälzt, den Zucker einfach mit 1-2 Teelöffel Zimt mischen (je nachdem wie stark du den Zimtgeschmack haben magst). So einfach geht es.
- Wenn du dir nicht so sicher bist, ob dir eine der Variationen auch richtig schmeckt, dann versuche es doch einfach mit unterschiedlichen Versionen auf einmal. Dazu den Standardteig vorbereiten, Teig in 4 – 5 Rollen verarbeiten und jeweils unterschiedliche Zuckermischungen verwenden; z.B. einmal mit Limetten und einmal mit Zimt. Somit hast du am Ende mehrere Geschmacksrichtungen mit einer Backladung in der Keksdose und kannst ganz einfach vergleichen, was dir am besten schmeckt.
- Schwarz-weißen Heidesand gab es in meiner Kindheit nicht – zumindest nicht in unserer Bäckerei. Dieser ist aber ebenfalls eine leckere Alternative (hat ein wenig was von Marmorkuchen). Dazu den Teig vorbereiten und 1/3 des Teiges abnehmen und etwas Back-Kakaopulver zum Backen hinzugeben und sehr gut verkneten, so dass der Teig eine gleichmäßig dunkle Farbe hat. Mit dem dunklen Teig einen Strang formen und den hellen Teig fest drumherum wickeln. Dann wie oben beschrieben die Teigrollen in Zucker wälzen, in den Kühlschrank stellen, schneiden und anschließend im Ofen backen. So hat dein Heidesand einen dunklen Kern.
- Ich bin mit möglichen Variationen noch nicht am Ende und habe noch zwei weitere für dich :-). Anstelle Teig abzunehmen und diesen mit Kakaopulver zu mischen, kannst die 4 – 5 Rollen Teig zubereiten. Diese dann vorsichtig längs einschneiden und jeweils mit einem Strang Nougatmasse füllen. Die Rollen dann wieder gut verschließen. Dafür benötigst du 100 g schnittfeste Nuss-Nougatmasse, die du ebenfalls in 4 – 5 gleichgroße Stücke teilst und die länglich zu einem Strang formst.
- Heidesand kannst du übrigens auch sehr einfach vegan zubereiten. Dafür die Butter durch Margarine ersetzen und das Ei durch 3 Esslöffel Haferdrink und 1 Teelöffel Backpulver.
- Auf mongout.de habe ich mittlerweile einen ganzen Schwung an Keksrezepten veröffentlicht. Hier kommt eine kleine Auswahl für dich: Die Haferplätzchen meiner Großmutter liebe ich ebenfalls sehr. Cantuccini kennst du ja sicherlich: Ein sehr bekanntes italienisches Gebäck, welches sowohl zu Kaffee als auch zum Rotwein passt. Ganz anders sind die Baiser-Sternchen, die du sowohl mit Kakao als auch mit Kaffee zubereiten kannst. Die dünne Schokoladenschicht und der knackige Biss auf den Baiser sind einfach mega lecker. Wie gesagt, ist das nur eine kleine Auswahl. Schau dich gerne unter der Kategorie “Backen” um. Dort findest du viele weitere Rezepte.
- Keinen Puderzucker daheim? Dann mach ihn doch am besten selbst. Dazu einfach die gewünschte Menge Zucker mit der Kaffeemühle zermahlen oder mit dem Pürierstab zerkleinen. Am besten den Zucker in einen hohen Becher geben, Pürierstab hineingeben, mit dem Handtuch bedecken (sonst gibt es eine staubige Sauerei) und dann so lange zerkleinern, bis du eine puderige Konsistenz hast. Möchtest du den selbstgemachten Puderzucker noch aufbewahren, so solltest du etwas Speisestärke hinzugeben. So zieht der Puderzucker weniger Feuchtigkeit aus der Umgebung. Wenn du deinen selbstgemachten Puderzucker gleich verwendest, bruachst du aber keine Stärke hinzugeben.
Update (03.01.2020):
Dieses Rezept zählt seit Jahren zu meinen Klassikern. Nach gut neun Jahren (uff… wie die Zeit doch verrennt) hat das Heidesand-Rezept nun ein kleines Update verdient. Dabei sind sowohl die Zutaten als auch die Zubereitung vom Heidesand identisch geblieben. Ergänzt habe ich ein paar Tipps, da ich über die Jahre etliche Variationen ausprobiert habe, die ebenfalls sehr lecker sind. (Man merkt wahrscheinlich ein bisschen, dass ich Heidesand sehr liebe!) Also einfach mal mit dem Grundrezept starten und dannach vielleicht die ein oder andere Variation ausprobieren. Jetzt fehlen bei diesem Blog-Eintrag nur noch die Fotos, aber die stehen schon ganz weit oben auf der ToDo Liste und kommen mit dem nächsten Update (das hoffentlich keine weiteren neun Jahre mehr dauert).
Hast du eine anderes Rezept für Heidesand? Oder backst diesen mit Marzipan? Oder mit ganz anderen Zutaten? Dann freue ich mich, wenn du dein Rezept mit mir teilst (gerne per Mail oder über die Kommentarfunktion).
Vielleicht verwendest du auch noch Rezepte, die deine Eltern gekocht oder gebacken haben als du noch ein Kind warst!? Auch diese würden mich sehr interessieren – es lohnt sich immer ein paar schöne Erinnerungen aufzufrischen und/oder weiterzugeben 🙂 Also schon mal ein dickes Danke.
Und hier noch eine kurze aber wichtige Nachricht an alle Bäckereien in Nordrhein-Westfalen (oder auch sonstwo in Deutschland): Bitte nehmt doch Heidesand in euer Sortiment auf. Die kleinen runden Gebäckstücke sind echt unterbewertet.
Aktualisierung (14.11.2021): Nun endlich – nach 10 Jahren – bekommt dieser Blogeintrag ein paar Fotos. Den Plan für die Fotos hatte ich schon eine ganze Weile. Die anstehende Weihnachtszeit habe ich jetzt genutzt, um meine Weihnachtsdeko herauszuholen und am Vormittag Keksduft in die Küche zu zaubern. Auch wenn die Bilder dementsprechend weihnachtlich sind, mag ich kurz anmerken, dass sich die Kekse nicht nur an Weihnachten mega lecker sind. Für mich ist Heidesand ein “ganzjähriges Gebäck”.